UZ vom 17. April 2015Wir dokumentieren nachstehend einen Kommentar von Olaf Harms aus der am 17. April erscheinenden Ausgabe unserer Wochenzeitung UZ - Unsere Zeit:

Mehr Arbeitsplätze, mehr Einkommen, billigere Waren... die CDU weiß einiges zu verkünden, wenn es um die Effekte von Freihandelsabkommen wie TTIP geht. Aber selbst Sigmar Gabriel glaubt nicht mehr an die segensreichen Auswirkungen des geplanten Freihandelsabkommens mit den USA, zumindest nicht für die lohnabhängige Bevölkerung und erst recht nicht, wenn er als SPD-Vorsitzender auftritt. Denn in der SPD regt sich schon lange Unmut über das, was mit TTIP vereinbart werden soll.

Als Wirtschaftsminister wirbt Gabriel dagegen ohne Wenn und Aber für den Freihandel, so zum Beispiel in der BILD-Zeitung: »Niemand muss Angst vor diesen Freihandelsabkommen haben.« Das klingt nach »Niemanden wird es schlechter gehen« und bedeutet das genaue Gegenteil.

Berlin: Demonstration und Kundgebung gegen TTIP, CETA und TiSA am Sa., 18. April, 16 Uhr, Potsdamer Platz

Wir tragen unseren Protest gegen TTIP, CETA und TISA in das Regierungsviertel. Mit einer Menschenkette werden wir die Botschaften Kanadas und der USA mit der Vertretung der Europäischen Kommission verbinden – im Namen der Menschen und nicht des Profits. Wir solidarisieren uns dabei mit dem internationalen Widerstand gegen die geplanten Freihandels- und Investitionsabkommen.

 

Denn es gibt Erfahrungen mit Freihandelsabkommen, die eine eindeutige Sprache sprechen: So hat das 1994 in Kraft getretene Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA in den USA bis zu einer Million Arbeitsplätze gekostet. Bei Veröffentlichungen, die etwas anderes aussagen, stellt sich nun nach und nach heraus, dass diese gefälscht oder zumindest bis zum Äußersten schön gerechnet sind.

Ziel der Freihandelsabkommen, zu denen auch CETA (EU-Kanada) und TiSA (Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) gehören, ist nicht die Schaffung von Arbeitsplätzen, es geht noch nicht einmal per se um Wirtschaftswachstum. TTIP ist ein Projekt der Monopole, das wesentlich zum Ziel hat, die Profite der größten Unternehmen des europäischen und US-amerikanischen Wirtschaftsraums zu erhöhen. Das darf dann ruhig auf Kosten anderer geschehen, dafür braucht es kein Wachstum.

Zu diesem Zweck sind im Abkommen vor allem zwei Hebel vorgesehen: Abbau von Regulierung (»Nichttariffäre Handelshemmnisse«) und Sicherung von zu erwartenden Profiten (»Investitionsschutz«).
Das geht soweit, dass selbst Gesetzgebungsverfahren zukünftig auf den Prüfstand sollen, wenn sie möglichen Profiten der Konzerne im Wege stehen.

Hemmnis zukünftiger Profite ist beispielsweise die Verteidigung und der mögliche Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge (also Verkehr, Gas-, Wasser-, und Elektrizitätsversorgung, Müllabfuhr, Bildung und Kultur, Krankenhäuser, ...). In diesen Bereichen sind vor allem in Städten und Gemeinden eindeutige Erfahrungen mit den negativen Auswirkungen durch Privatisierung kommunalen Eigentums gesammelt worden.

Private Daseinsvorsorge heißt: Öffentliche Gelder aufbringen, um private Profite in Bereichen der Grundversorgung zu sichern. BürgerInnen zahlen darüber hinaus höhere Gebühren bei schlechterer Qualität der erbrachten Leistungen, Beschäftigte sind einem höheren Arbeitsdruck bei niedrigerer Entlohnung ausgesetzt.

Weil die Sachlage so eindeutig ist, wird TTIP hinter verschlossenen Türen verhandelt. Nur so kann behauptet werden, TTIP übe ja gar keinen Privatisierungsdruck aus (so z.B. Gabriel in BILD). Deshalb gehören die Inhalte der Freihandelsabkommen vollständig veröffentlicht. Denn erst dann kann eine ernsthafte Debatte über die Inhalte stattfinden.

Der Widerstand gegen TTIP soll durch die Geheimverhandlungen zwar diffus gehalten und geschwächt werden, die undemokratische Vorgehensweise sollte aber für uns Grund genug sein, die Verhandlungen prinzipiell abzulehnen.

Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD wird uns jedenfalls vor keinem der Übel bewahren, die in diesem Abkommen stecken. Das müssen wir schon selber tun.